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Auftragsvergabe an Werkstätten: NRW setzt in neuer „Bevorzugtenrichtlinie“ EU-Vorgaben um
Für die Berücksichtigung von Werkstätten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge greift nach wie vor die „Bevorzugtenrichtlinie“ von 2001. Die hier empfohlenen Regelungen gelten für den Bund und seine Einrichtungen und können auch in Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden Anwendung finden, sofern dort nicht eigene Regelungen erlassen worden sind. NRW hat im April 2011 erstmals in einem Runderlass auch EU-Vorgaben zur bevorzugten Auftragsvergabe in Kraft gesetzt und geht dabei über die Eckpunkte der bisherigen Richtlinie hinaus.

Neu ist, dass nicht nur die Vergabe von Aufträgen nach den Verdingungsordnungen für Leistungen Teil A und B (VOL/A und VOL/B) berücksichtigt wird, sondern auch die nach VOF (freiberufliche Leistungen). Bei deren Vergabe sind Werkstätten als „bevorzugte Bieter zur berücksichtigen“. Bisher galt eine unbestimmte Einschränkung auf jene Aufträge die „durch Werkstätten ausgeführt werden können“; dabei blieb unklar, wie das „ausgeführt werden können“ zu definieren sei. Diese Aufträge sind - in der noch gültigen Richtlinie - Werkstätten „bevorzugt anzubieten“.
 
Neu ist auch, dass der öffentliche Auftraggeber den Wettbewerb allein auf Werkstätten beschränken kann. Damit greift der NRW-Runderlass die Vorgaben der EU-Richtlinie 204/18/EG Art. 19 auf. Unter der Überschrift „Vorbehaltene Aufträge“ können „im Rahmen von Programmen für geschützte Beschäftigungsverhältnisse vorsehen, dass nur Werkstätten an den Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge teilnehmen“.

Neu ist die Einbeziehung der EU-Schwellenwerte: Unterhalb der Schwellenwerte kann der Auftrag an Werkstätten im Rahmen von Freihändigen Vergaben oder Beschränkten Ausschreibungen vergeben werden. Nehmen am Vergabeverfahren oberhalb der Schwellenwerte nur Werkstätten teil, kann dieses als nicht offenes Verfahren durchgeführt werden. Wird der Wettbewerb bei Beschränkten Ausschreibungen und nicht offenen Verfahren sowie bei Freihändigen Vergaben und Verhandlungsverfahren nicht auf bevorzugte Bewerber beschränkt, sind Werkstätten auf jeden Fall zur Angebotsabgabe aufzufordern. Gleichgeblieben ist, dass bei der Bewertung der Angebote und ihrer Wirtschaftlichkeit der Werkstatt auch dann der Zuschlag zu erteilen ist, wenn sie den Preis bis zu 15 Prozent überschreitet. Während die Vorgaben aus der EU-Richtlinie als „Kann-Bestimmung“ eingefügt worden sind, ist die „15 Prozent-Regelung“ obligatorisch.

Ebenfalls unverändert oder nur wenig verändert bleiben der Nachweis und die Nachweispflicht als „bevorzugter Bieter“ wie auch die Zulassung nachweislich vergleichbarer Bieter aus dem Ausland. Diese – wie alle Richtlinien – binden das Ermessen der Vergabestellen. Die Werkstätten haben Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Dieser Anspruch ist einklagbar. Werkstätten haben aber keinen einklagbaren Anspruch auf Erteilung von Aufträgen oder von bestimmen Aufträgen. Sie können aber im Wege der Dienstaufsicht auf die Einhaltung der Pflicht zur Bevorzugung dringen. Kurz: es besteht kein Rechtsanspruch auf Erteilung des Zuschlags, sondern nur auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens.

Nach § 141 SGB IX i.V.m. § 159 Abs. 4 gilt die Bevorzugtenrichtlinie für die Vergabe öffentlicher Aufträge noch bis zum Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften durch die Bundesregierung.
 
Der Runderlass aus NRW ist hier externer Link zu finden:
 


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