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Ausgelagerter Arbeitsplatz und Mitbestimmungsrecht
Muß der Betriebsrat eines Betriebes, in dem ein ausgelagerter Arbeitsplatz eingerichtet werden soll, bei der Einstellung des Beschäftigten beteiligt werden? Diese Frage stellt sich, da arbeitsrechtliche Entscheidungen eine Analogie zur Einstellung von Ein-Euro-Jobbern zulassen. Die Anwaltskanzlei Plagemann hat auf Anfrage der BAG WfbM dazu Stellung genommen:

Bereits am 22. Juni 2005 verneinte das Verwaltungsgericht (VG) Oldenburg eine Mitbestimmung bei der Einstellung von Ein-Euro-Jobbern (9 A 1738/05). Es räumte jedoch ein Beteiligungsrecht ein. Inzwischen liegen sowohl Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVG), als auch erste arbeitsgerichtliche Entscheidungen vor (BVG, Urteil vom 21.03.2007 - 6 P 4/06; Arbeitsgericht Berlin [AG], Beschluß vom 12.10.2006 - 81 BV 11284/06). Darüber hinaus gibt es eine Entscheidung zu einer kirchlichen Mitarbeitervertretungsordnung (Kirchlicher Arbeitsgerichtshof [KAGH], Urteil vom 30.11.2006 - M 01/06).

Verwaltungs- und Arbeitsgerichte bestätigen ein Beteiligungsrecht bei der Einstellung von Ein-Euro-Jobbern. Der KAGH jedoch verneint ein Mitbestimmungsrecht nach der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) der Diözese Limburg.

Die Grundsätze des Urteils des BVG und der Entscheidung des AG Berlin lassen sich auch auf Werkstattbeschäftigte auf einem ausgelagerten Arbeitsplatz übertragen. Laut BVG setzt die Mitbestimmung bei der Einstellung voraus, daß die Person in die Dienststelle eingegliedert wird. Dies geschieht durch die tatsächliche Aufnahme der vorgesehenen Arbeit im Rahmen der Arbeitsorganisation und erfordert ein rechtliches Band, nach dem der Dienststelle das Weisungsrecht zusteht. Verbunden mit dem Weisungsrecht sind Schutzpflichten dem Weisungsempfänger gegenüber.

Das BVG macht deutlich, daß es nicht auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Rechtsträger der Dienststelle und den Betroffenen ankommt. Eine Mitbestimmung bei der Einstellung besteht auch dann, wenn die betreffende Person nicht Beschäftigter im personalrechtlichen Sinne wird.

Das BVG sieht die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen als in die Dienststelle eingegliedert. Es stellt fest, daß sie im Rahmen der sozialrechtlichen Rechtsbeziehungen der Weisungsbefugnis des Beklagten unterliegen. Dies läßt sich gerade im Hinblick auf die Regelungen des SGB IX auch auf Werkstattbeschäftigte auf einem ausgelagerten Arbeitsplatz übertragen. Wie für die Ein-Euro-Jobber ist von einer weisungsabhängigen Tätigkeit und einer arbeitsrechtlichen Schutzpflicht gegenüber diesen Menschen auszugehen. Das BVG geht deshalb davon aus, daß zumindest im Vorfeld die Beschäftigung von Ein-Euro-Jobbern – und damit auch von Werkstattbeschäftigten – weitergehenden Informationsrechten unterliegt.

Diese Entscheidungen zeigen, daß auch bei der Tätigkeit von Beschäftigten in Außenbetrieben der Betriebsrat des Betriebes vor der Einstellung zu beteiligen ist. Die aufnehmende Stelle muß darüber hinaus im Vorfeld das Informationsrecht des Betriebsrats beachten.

Werkstätten können Auseinandersetzungen durch frühzeitige und umfassende Informationen vorbeugen. Der Betriebsrat des „Entleihers“ sollte über die Aufgaben der Werkstatt, ihre sozialpolitische Bedeutung sowie Sinn und Zweck der ausgelagerten Arbeitsplätze unterrichtet werden. Wichtig ist der Verweis auf die Aufgaben des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG, wonach er „die Eingliederung Schwerbehinderter und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen zu fördern“ hat. Bei der Ablehnung der Errichtung von ausgelagerten Arbeitsplätzen, „kann der Arbeitgeber (‚des Entleihers’) beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen“ (§ 99 Abs. 4 BetrVG). Dem folgt allerdings eine gerichtliche Auseinandersetzung.

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) gilt in allen seinen arbeitnehmerschutzrechtlichen Dimensionen. Die ausgelagerten Arbeitsplätze werden nicht aus Gewinnabsicht und nicht zur Steigerung der Arbeitsleistung des Betriebes errichtet. Es liegt also keine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung vor und es entsteht kein Arbeitsverhältnis über einen Arbeitsvertrag. Deshalb sind diese Plätze von der Erlaubnispflicht nach AÜG befreit.


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