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Menschen mit Behinderung legen Einspruch gegen die Bundestagswahl 2013 ein
Lebenshilfe und Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie halten Wahlrechtsausschlüsse für verfassungswidrig

Berlin. Bundesvereinigung Lebenshilfe und Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie unterstützen acht Personen, die gegen die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013 beim Bundestag Einspruch eingelegt haben, weil sie nicht wählen durften. Von der Wahl ausgeschlossen sind nach einer Regelung des Bundeswahlgesetzes Menschen mit Behinderungen, für die „eine Betreuung in allen Angelegenheiten“ bestellt ist. Außerdem ist von der Wahl ausgeschlossen, wer sich im psychiatrischen Maßregelvollzug befindet, weil er aufgrund einer Krankheit oder Behinderung schuldunfähig ist und krankheitsbedingt weitere Taten drohen. Nach einer Vorschrift des Europawahlgesetzes gelten die genannten Wahlrechtsausschlüsse auch für die am 25. Mai anstehende Europawahl. Auch an dieser Wahl wird ein Teil der Menschen mit Behinderung daher nicht teilnehmen können. Lebenshilfe und Caritas gehen von rund 10.000 Menschen aus, die in Deutschland betroffen sind.

Die Verbände halten das für verfassungswidrig. „Das Recht, zu wählen und gewählt zu werden, wird in Artikel 38 des Grundgesetzes garantiert. Die Wahlrechtsausschlüsse bedeuten daher einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte und das Recht behinderter Menschen auf uneingeschränkte politische Beteiligung“, so die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Ulla Schmidt.

Die Wahlrechtsausschlüsse sind willkürlich: Kein Bürger, mag er alt, krank oder sonst beeinträchtigt sein, muss befürchten, dass seine Fähigkeit zu „vernünftigen“ Wahlentscheidungen überprüft wird. Der Wahlrechtsausschluss als automatische Nebenfolge einer „Betreuung in allen Angelegenheiten“ oder des Aufenthalts im psychiatrischen Maßregelvollzugs trifft lediglich volljährige Menschen mit einer psychischen Krankheit oder einer Behinderung, die damit gegenüber anderen, möglicherweise gleich Betroffenen unzulässig diskriminiert werden.

„Weil die Wahlrechtsausschlüsse sich auf eine bestimmte Gruppe von Menschen mit Behinderungen beziehen, sind sie zudem unvereinbar mit der Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), dem 1. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und Artikel 25 des UN-Paktes über bürgerliche und politische Rechte“, erläutert Johannes Magin, Vorsitzender des Bundesverbandes Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie. Sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und das Ministerkomitee des Europarates als auch der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hätten sich in diesem Sinne geäußert. Die europäischen Nachbarstaaten Österreich, die Niederlande und Großbritannien folgen dem und verzichten auf entsprechende Wahlrechtsausschlüsse. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe und der Bundesverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie sind überzeugt, dass die Wahlrechtsausschlüsse im deutschen Recht unzulässig sind und fordern daher deren Streichung. Beide Verbände sind bereit, dafür bis vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen.


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