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Dauer von Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich
Anhörung zum SGB IX am 12.11.03 in Berlin

Bei der Anhörung zum "Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen" (SGB IX Artikelgesetz) der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zu dem der Ausschuß für Gesundheit und Soziale Sicherung nach Berlin eingeladen hatte, war auch die BAG WfbM durch ihren Vorsitzenden, Günter Mosen, Dr. Clemens M. Kasper und Edith Münch aus der Geschäftsstelle in Frankfurt, mit mehrfachen Wortbeiträgen präsent. Bereits im Vorfeld konnten die im Ausschuß vertretenen Fraktionen (SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP) für die Anliegen der Werkstätten und der in ihnen beschäftigten Menschen sensibilisiert werden.

Das Hauptanliegen betraf die zeitlichen Klarstellung im § 40 Abs. 2 und 3 SGB IX. Der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung vom 05. September 2003 sah folgende Änderungen vor:

  • Die Leistungen im Eingangsverfahren werden für drei Monate erbracht
    (bisher: "Leistungen im Eingangsverfahren können im Einzelfall bis zu drei Monaten erbracht werden. Sie werden bis zu vier Wochen erbracht, wenn die notwendigen Feststellungen in dieser Zeit getroffen werden können".
  • Die Leistungen im Berufsbildungsbereich werden für zwei Jahre erbracht.
    (die Sätze: "Sie werden in der Regel für ein Jahr bewilligt. Sie werden für ein weiteres Jahr bewilligt, wenn die Leistungsfähigkeit des behinderten Menschen weiterentwickelt oder wieder gewonnen werden kann" wurden gestrichen.)
Auf Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit wurden diese Streichungen rückgängig gemacht. § 40 SGB IX erschien im neuen Entwurf vom Oktober 2003 nicht mehr in dieser veränderten Form im Artikelgesetz.

Die BAG WfbM wandte sich darauf hin an
  • den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement;
  • die Bundestagsabgeordneten im Ausschuß "Gesundheit und soziale Sicherung";
  • den Beauftragten der Regierung für die Belange behinderter Menschen, Karl Hermann Haack;
  • die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen und ihre sozialpolitischen Sprecher sowie
  • die Mitglieder im Ausschuß "Wirtschaft und Arbeit" des Deutschen Bundestages
und stellte ihre Position unmißverständlich dar. Die Mitglieder der BAG WfbM wurden über diese Entwicklung informiert und aufgefordert, sich bei ihren Bundestagsabgeordneten für die ursprünglich vorgesehenen Klarstellungen einzusetzen.

Die Regelungen im Gesetz haben grundlegende Bedeutung für die fachlich kompetente Ausfüllung berufsfördernder Leistungen, die
  1. in der Eingangsphase der Werkstattaufnahme zu erbringen sind. Hier wird eine richtungsweisende Kompetenzanalyse für den einzelnen behinderten Menschen verlangt, die aussagefähig ist, welche berufsfördernden Leistungen individuell geeignet sind.
  2. im Berufsbildungsbereich der Werkstatt zu erfüllen sind. Hier sind individuell geeignete Leistungen zu gestalten, die den Auswirkungen der jeweiligen Behinderungsformen und damit für den jeweiligen Menschen angemessen sind. Berufsfördernde Maßnahmen müssen daher in eine differenzierte Eingliederungsplanung umgesetzt und können nicht als Standardprodukte angeboten werden.
Beide Leistungsbereiche haben grundlegende Bedeutung für die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten behinderter Menschen und dürfen nicht sozialpolitische "Verhandlungsmasse" sein. Die bisherigen unklaren Regelungen haben zu Mißverständnissen und Turbulenzen geführt, indem der gesetzgeberische Wille des SGB IX in der Praxis nicht entsprechend den rechtlichen Ansprüchen erfüllt wurde.

Ohne die geplanten Änderungen können
  • die fachlichen Anforderungen von Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich nicht erfüllt werden,
  • die in der Vergangenheit regelmäßig entstandenen massiven Unsicherheiten bei der Planung des Rehabilitationsverlaufes für die Betroffenen nicht eingedämmt werden,
  • mögliche effizientere Arbeitsweisen für die am Fachausschuß Beteiligten nicht umgesetzt werden,
  • und nicht zuletzt bliebe die bisherige rechtliche Unsicherheit erhalten, die zu einer Vielzahl von Widerspruchsverfahren und im Einzelfall zu Klagen geführt hat.
Die Anhörung zeigte, daß die vorbereitenden Aktivitäten Erfolg hatten: Alle Fraktionen befragten die Vertreter der BAG WfbM. Das Anliegen wurde u. a. unterstützt von der BAG der überörtlichen Sozialhilfeträger, der Lebenshilfe und der Vertretung der kommunalen Spitzenverbände.

Eine weitere Frage betraf § 102 SGB IX, wonach Arbeitgeber von den Integrationsämtern für außergewöhnliche Belastungen, die ihnen aus der Beschäftigung von Werkstattabgängern entstehen, Geldleistungen erhalten, wenn ohne diese Leistungen das Beschäftigungsverhältnis gefährdet würde. Ergänzend soll auch § 27 Abs. 1 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabenverordnung (SchwbAV) geändert werden, um Mittel aus der Ausgleichsabgabe für diese neue Aufgabe zur Verfügung stellen zu können. Günter Mosen machte deutlich, daß die verbleibenden Mittel aus der Ausgleichsabgabe für die Zwecke der Arbeit der Werkstätten zu gering seien.

Auch zur Ergänzung zu § 72 wurde die BAG WfbM um eine Stellungnahme gebeten: Arbeitgeber mit wenigstens 100 Arbeitsplätzen sollen demnach 5 % ihrer Ausbildungsplätze mit behinderten und schwerbehinderten Menschen besetzen. Diese Regelung wurde im Sinne der Menschen mit Behinderungen begrüßt. Allerdings betrifft sie den Personenkreis der Werkstattbeschäftigten weniger. (ck)


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