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Eltern mit Behinderungen haben Anspruch auf Assistenz
Behinderte Eltern haben im Bedarfsfall Anspruch auf eine sogenannte Elternassistenz nach sozialhilferechtlichen Vorschriften. Dies hat das Verwaltungsgericht Minden am 31. Juli 2009 in dem Verfahren einer körperlich behinderten Mutter eines Säuglings entschieden.

Die 1972 geborene, verheiratete Antragstellerin leidet an einer spastischen Lähmung aller vier Gliedmaßen und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Im April 2009 brachte sie einen gesunden Sohn zur Welt. Bereits vor der Geburt ihres Sohnes hatte sie beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) beantragt, ihr Eingliederungshilfe zur Beschäftigung einer Hilfsperson zu gewähren, die sie ab Mitte August 2009 zur Versorgung und Betreuung ihres Kindes benötige. Zu diesem Zeitpunkt ende nämlich die Elternzeit ihres Ehemannes. Die Antragstellerin wies ausdrücklich darauf hin, es gehe ihr darum, ihren eigenen Hilfebedarf bei der Versorgung ihres Kindes zu decken. Deshalb beantrage sie die Kostenübernahme im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Der LWL hielt sich nicht für zuständig und gab den Antrag an die Stadt Bünde als Trägerin der Jugendhilfe ab.

Da sich der LWL und die Stadt Bünde nicht über die Zuständigkeit einigen konnten, wandte sich die Antragstellerin an das Verwaltungsgericht Minden. Dessen zuständige 6. Kammer sprach ihr vorläufig eine monatliche Hilfe in Höhe von 1.400 Euro zu. Die Antragstellerin könne vom LWL im Rahmen der Eingliederungshilfe die Kosten für eine sogenannte Elternassistenz verlangen. Nach den Vorschriften des SGB XII sei es nämlich insbesondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, die Folgen einer Behinderung zu beseitigen und behinderte Menschen soweit wie möglich am Leben in der Gemeinschaft teilhaben zu lassen. Deshalb sei der Antragstellerin genau so wie einem nicht behinderten Elternteil die persönliche Betreuung und Versorgung ihres Kindes in ihrem eigenen Haushalt zu ermöglichen. Soweit der LWL die Antragstellerin auf eine Betreuung des Kindes außerhalb des elterlichen Haushalts verwiesen habe, liege dies damit gänzlich neben der Sache.

Aus formellen Gründen – nämlich aufgrund des bestehenden Zuständigkeitsstreits zwischen dem LWL und der Stadt Bünde – hat das Gericht ungeachtet der grundsätzlich bestehenden Zahlungsverpflichtung des LWL vorläufig die Stadt Bünde zur Übernahme der Kosten für die Elternassistenz angewiesen.

Der Beschluss vom 31. Juli 2009 – 6 L 382/09 – ist noch nicht rechtskräftig, binnen zwei Wochen kann gegen ihn Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.

Hubert Hüppe, Beauftragter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Belange der Menschen mit Behinderungen, begrüßte in einer Erklärung diesen Beschluss: „Eltern mit Behinderungen müssen genauso wie Eltern ohne Behinderungen ihr Kind erziehen können. Die hierfür notwendige Unterstützung muss gewährt werden. Wenn ein Kostenträger, wie hier geschehen, einfach darauf verweist, dass das Kind auch außerhalb des Elternhauses betreut werden könne, ist dies untragbar. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden ist bahnbrechend für die betroffene Familie. Die andauernden Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Kostenträgern müssen politisch im Sinne von ‚Hilfen aus einer Hand’ geklärt werden.“


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