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Persönliches Budget für ambulante Betreuung: Bundesverfassungsgericht verhindert Zwangsumzug
Das Bundesverfassungsgericht hat verhindert, dass ein mehrfach geistig und körperlich behinderter Mensch zum Umzug in eine stationäre Einrichtung gezwungen wird. Es hat die Kostenübernahme durch einen Sozialhilfeträger für die ambulante Betreuung vorläufig sichergestellt.

Der Sozialhilfeträger hatte dem Betroffenen ein persönliches Budget verweigert, weil durch die ambulante Betreuung gegenüber der Betreuung in einer stationären Einrichtung Mehrkosten anfielen. Er wollte den Betroffenen damit zwingen, in eine stationäre Einrichtung umzuziehen. Dagegen hat sich der von der SDM (Soziale Dienstleistungs-GmbH Mittelrhein) betreute Kläger gemeinsam mit der Rechtsanwaltskanzlei Iffland & Wischnewski gewehrt. Unterstützt wurde er dabei durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband und die FWS (Förder- und Wohnstätten gGmbH Kettig).

Nachdem er vor dem Sozialgericht Koblenz und dem Landessozialgericht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren keinen Erfolg hatte, hat das Bundesverfassungsgericht jetzt dafür gesorgt, dass keine Fakten geschaffen werden, bevor Recht gesprochen worden ist. Es hat den Sozialhilfeträger vorläufig verpflichtet, die Kosten für die ambulante Betreuung zu übernehmen. Anders als die rheinland-pfälzischen Gerichte hat das Bundesverfassungsgericht die möglicherweise für den Betroffenen entstehenden Gesundheitsschäden gegen die möglicherweise für den Sozialhilfeträger anfallenden Mehrkosten abgewogen und die durch einen erzwungenen Umzug entstehenden Gesundheitsgefahren als schwerwiegender bewertet.

In Kürze wird das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden, ob die rheinland-pfälzischen Gerichte den Antrag des Leistungsberechtigten auf Übernahme der entstehenden Kosten zu Recht abgelehnt haben, oder ob die Gerichte erneut über den Antrag entscheiden müssen. Bis dahin kann der Betroffene in seinem gewohnten Umfeld bleiben.


Hintergrund:
Das Land Rheinland-Pfalz präsentiert sich als Vorreiter im Bereich Ambulantisierung und Wohnen nach Wunsch für Menschen mit Behinderungen. Neben der Charta für ein Soziales Rheinland-Pfalz und der Zielvereinbarung Wohnen machen Vertreter des Landes immer wieder deutlich, dass keine stationären Einrichtungen mehr neu entstehen sollen und die ambulante Betreuung gefördert wird.

Bei der praktischen Umsetzung werden Menschen mit einer Behinderung aber immer wieder Steine in den Weg gelegt. Sozialhilfeträger weigern sich oft, die Mehrkosten, der meist teureren ambulanten Betreuung, zu bezahlen.

Hilfe war von den Sozialgerichten in Rheinland-Pfalz bisher kaum zu erwarten. Unter Verweis auf die durch die ambulante Versorgung anfallenden Mehrkosten lehnen die Sozialhilfeträger das persönliche Budget ab und hindern die Menschen daran, in eine ambulant betreute Wohnform zu wechseln. Nicht selten zwingen die Behörden Menschen mit Handicap so zu einem Umzug in eine stationäre Einrichtung.

BVerfG – 1 BvR 2366/12
LSG Rheinland-Pfalz - L 1 SO 75/12 B ER
SG Koblenz - S 12 SO 104/12 ER

Quelle: Der PARITÄTISCHE Landesverband Rheinland-Pfalz/Saarland e. V. externer Link


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