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75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz: Unsere Verantwortung liegt im Heute
Auschwitz Birkenau
Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz von der sowjetischen Armee befreit.
Am 27. Januar 2020 jährt sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 75. Mal. Auschwitz ist das traurige Symbol für die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordeten Menschen, an die wir uns an diesem internationalen Gedenktag erinnern.

Im Zuge des rassenideologischen Fanatismus der Nationalsozialisten wurden etwa 6,3 Millionen Juden systematisch getötet. Mehr als 300.000 Menschen mit geistigen, psychischen und körperlichen Behinderungen wurden ebenso systematisch vernichtet. Mehr als 70.000 Menschen davon im Zuge der „Aktion T4“, die in den Jahren 1940 und 1941 durchgeführt wurde. Über 350.000 Menschen mit Behinderung wurden zwangssterilisiert.

Als vor 80 Jahren im Oktober 1939 Hitlers Ermächtigungserlass die auch als „Euthanasie“ oder „Gnadentod“ bezeichnete Tötung von „unheilbar Kranken“ einleitete, blieben auch die Menschen in der Kleinwachau Sächsisches Epilepsiezentrum Radeberg gemeinnützige GmbH nicht davon verschont. 111 Patient*innen fielen der Vernichtungsaktion T4 zum Opfer. Auf der Chronikseite externer Linkschildern Zeitzeuginnen ihre Erlebnisse in kurzen Videos. Sie berichten von Erniedrigung, Angst, Ohnmacht, aber auch von Widerstand.

Wie war das möglich?
In den letzten Tagen begegnen uns in den Medien viele Fragen, wenn es um das Thema Nationalsozialismus geht. Wie war es möglich, dass Menschen im Namen des Nationalsozialismus gefoltert, missbraucht und in Gaskammern systematisch und grausam ermordet wurden? Wie konnte sich das nationalsozialistische Regime etablieren und eine solche Macht erlangen?

Menschen wie wir
Je mehr man sich mit Zeitzeugenberichten und Berichten der Täter*innen selbst beschäftigt und je häufiger man in den heutigen sozialen Medien vergleichbare Aussagen vorfindet, desto öfter überkommt einen die erschreckende Erkenntnis: Täter*innen und Mittäter*innen, das waren Menschen wie wir. Es ist nicht auszuschließen, dass Menschen heute ebenfalls so handeln könnten wie vor 80 Jahren. Sei es aus Hass, Machtgier, Größenwahn, Menschenverachtung, Angst oder aus dem Gefühl von Ohnmacht heraus.

Und diese Erkenntnis ist wichtig, denn sie lehrt uns, wachsam und kritisch zu sein. Sie lehrt uns, Aussagen und Ideologien zu hinterfragen, aktiv zu werden und nicht wegzusehen. Diese Erkenntnis ist aber nur möglich, wenn wir uns mit der Vergangenheit auseinandersetzen und indem wir uns immer wieder an das, was geschehen ist, nein, was getan wurde, erinnern.

Es muss „getan“ heißen. Denn der Begriff „geschehen“ impliziert, dass etwas ohne eigenes oder fremdes Zutun einfach passiert, ohne dass es eine*n Akteur*in gibt. Doch der Nationalsozialismus, die Euthanasie-Morde und der Holocaust sind nicht einfach so „geschehen“. Es waren Menschen wie wir, die gehandelt oder auch durch ihr Nichthandeln dazu beigetragen haben, dass einem Teil der Menschen ihre Menschlichkeit abgesprochen wurde. Die Nationalsozialisten nahmen diesen Menschen ihre Würde. Dies war nur möglich, indem sie erst eine immer größere Distanz und letztlich eine scharfe Grenzlinie zwischen sich und „den anderen“ zogen. Exklusion und Abschottung waren der Nährboden für die unmenschlichen Gräueltaten.

Verantwortung im Heute erkennen
Bei seinem Besuch einer Gedenkveranstaltung in Jerusalem am Mittwoch, den 22. Januar 2020 berichtete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, dass die Holocaust-Überlebenden, mit denen er sprechen durfte, auch an unsere Verantwortung gemahnt haben, „nicht nur zurückzuschauen auf eine schreckliche Vergangenheit, sondern die Verantwortung im Heute auch im Eintreten gegen Antisemitismus zu erkennen“. Deshalb ist jede*r von uns in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass alle Menschen ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, sexuellen oder politischen Orientierung, Hautfarbe oder Behinderung menschenwürdig behandelt werden. Wir tragen jetzt und in Zukunft die Verantwortung dafür, in welcher Gesellschaft wir leben und wie wir mit anderen Menschen umgehen.

Gedenkveranstaltungen
Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, legt am 27. Januar um 11:00 Uhr in der Tiergartenstraße 4 in Berlin einen Kranz im Gedenken an die „Euthanasie“-Opfer des Nationalsozialismus nieder. Von dort aus planten die Nationalsozialisten 1940-1941 im Rahmen der sogenannten „T4-Aktion“ unter direktem Befehl der „Kanzlei des Führers“ die systematische Zwangssterilisierung und Tötung von Menschen mit Lernschwierigkeiten oder psychischen Erkrankungen.

In einer Sonderveranstaltung externer Linkam Mittwoch, den 29. Januar 2020, wird der Deutsche Bundestag der Opfer des Nationalsozialismus gedenken. 


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