Menschen in Werkstätten 04.09.24
Anspruch auf einen Werkstattplatz haben erwachsene Menschen, die wegen der Art oder Schwere ihrer Behinderung keine betriebliche Berufsausbildung und keine übliche Erwerbsarbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bekommen.

Es sind hauptsächlich Menschen mit geistigen Behinderungen, denen die Erwerbswirtschaft keine Angebote macht. In den letzten Jahren steigt jedoch der Anteil an Werkstattbeschäftigten, die eine oder mehrere psychische Behinderungen haben.

Es gibt mannigfaltige Definitionen von Behinderungen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie wenig aussagekräftig sind. Im Jahr 2001 hat sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) von ihrer überkommenen, stark defizitorientierten Definition von Behinderung getrennt, die veraltete internationale Klassifikation (ICIDH-1) aufgegeben und eine völlig neue, differenzierte Klassifikation (ICIDH-2 / ICF) verabschiedet. Die berücksichtigt endlich die zahlreichen gesellschaftlichen und physikalischen Umweltfaktoren.

Die Mitglieder der BAG WfbM haben zum 01.01.2023 folgende Zahlen gemeldet:

Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich:    rund 28.000 Menschen
Arbeitsbereich:                                                       rund 260.000 Menschen
dazu kommt der:
Förderbereich ohne Sozialversicherung:               rund 20.000 Menschen
Gesamtangebot an Unterstützungsleistung:          rund 310.000 Menschen

Anteil der Werkstattbeschäftigten mit bestimmten Behinderungsarten zum 01.01.2023

geistige Behinderung:           ca. 75 %
psychische Behinderung:      ca. 21 %
körperliche Behinderungen:   ca. 4 %

Kennzahlenvergleich der BAGüS
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (BAGüS) veröffentlicht ebenfalls Kennzahlen externer Link. Diese stellen die bundesweiten Ergebnisse und Entwicklungen in den Bereichen Wohnen und Arbeit/Beschäftigung dar. Die Kennzahlen der BAGüS beschränken sich nicht auf die BAG WfbM-Mitglieder, sondern umfassen alle von den Sozialhilfeträgern finanzierten Leistungen/Plätze.

Anzahl Werkstätten in Deutschland in den Jahren (Anzahl BAG WfbM-Mitglieder in Klammern)
2003: 669 (630 = 94,2 %)
2004: 678 (633 = 93,4 %)
2005: 687 (628 = 91,4 %)
2006: 698 (644 = 92,3 %)
2007: 700 (651 = 93,0 %)
2008: 710 (656 = 92,3 %)
2009: 715 (661 = 92,4 %)
2010: 719 (667 = 92,8 %)
2011: 721 (676 = 93,8 %)
2012: 723 (679 = 93,9 %)
2013: 724 (682 = 94,2 %)
2014: 726 (683 = 94,1 %)
2015: 730 (680 = 93,2 %)
2016: 728 (678 = 93,1 %)
2017: 731 (681 = 93,2 %)
2018: 736 (681 = 92,5 %)
2019: 734 (683 = 93,1 %)
2020: 733 (682 = 93,0 %)
2021: 734 (681 = 92,9 %)
2022: 732 (682 = 93,2 %)
2023: 733 (682 = 93,0 %)

Werkstatträte und Frauenbeauftragte
In deutschen Werkstätten werden regelmäßig Wahlen von Werkstatträten und Frauenbeauftragten durchgeführt.

Werkstatträte sind durch und aus den Werkstattbeschäftigten des Arbeitsbereichs zu wählen. Ähnlich wie bei Betriebsräten ist die Anzahl der Werkstatträte je nach Anzahl der wahlberechtigten Werkstattbeschäftigten gestaffelt und reicht von drei bis 13 Personen. Die Aufgabe der Werkstatträte ist die Interessenvertretung der Werkstattbeschäftigten im Arbeitsbereich gegenüber der Werkstattleitung. Der Werkstattrat hat darüber zu wachen, dass die zugunsten der Werkstattbeschäftigten geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften und die mit der Werkstatt getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO)). Die Mitglieder des Werkstattrates fungieren zudem als Ansprechpersonen für die Werkstattbeschäftigten, nehmen ihre Anregungen und Beschwerden entgegen und vertreten diese in Verhandlungen mit der Werkstatt (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 WMVO). Der Werkstattrat hat seit der Novellierung der WMVO neben Mitwirkungsrechten nun auch Mitbestimmungsrechte und kann im Falle eines berechtigten Anliegens durch Anrufung der von der Werkstatt einzurichtenden Schiedsstelle in bestimmten Fällen eine Entscheidung der Werkstattleitung sogar verhindern.

Als Folge der Novellierung der WMVO muss jede Werkstatt zudem eine Frauenbeauftragte haben. Wahlberechtigt sind alle weiblichen Werkstattbeschäftigten im Arbeitsbereich. Die Frauenbeauftragte hat je nach Anzahl der wahlberechtigten Frauen zwischen einer und drei Stellvertreterinnen (§§ 1, 39a ff. WMVO). Ihre Aufgabe ist die Vertretung der weiblichen Werkstattbeschäftigten insbesondere in den Bereichen Gleichstellung von Frauen und Männern, Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Schutz vor körperlicher, sexueller und psychischer Belästigung oder Gewalt (§ 39a Abs. 1 WMVO).

Werkstätten sind verpflichtet, die Arbeit der Werkstatträte und der Frauenbeauftragten zu finanzieren und sie im Werkstattalltag zu unterstützen (§§ 1 f. WMVO). Auf regionaler, Landes- und Bundesebene haben sich ebenfalls Zusammenschlüsse dieser Selbstvertretungsorgane gegründet, insbesondere aus den schon länger bestehenden Werkstatträten. Auf Bundesebene vertreten Werkstatträte Deutschland e. V. die Interessen aller Werkstattbeschäftigten in Deutschland und der Verein Starke.Frauen.Machen. e. V. fungiert als bundesweites Netzwerk der Frauenbeauftragten in Werkstätten.

Die Selbstvertretungsorgane für Beschäftigte in deutschen Werkstätten sind weltweit einzigartig.

Weitere Informationen sowie Handlungsempfehlungen für Werkstätten für behinderte Menschen zur bestmöglichen Unterstützung der Arbeit von Frauenbeauftragten finden Sie in der entsprechenden Handreichung externer Link.

Die Interessensvertretungen der Werkstatträte und Frauenbeauftragen auf Bundesebene finden Sie hier externer Link.


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